Shadi Kassaee © Jeremy Knowles

Donnerstag | 1. Mai

18 Uhr · Michaeliskirche Hannover-Ricklingen
Pfarrstraße 72 · 30459 Hannover

Drei Seiten einer Medaille

Shadi Kassaee

Kammerorchester Hannover
Johannes Euler – Countertenor
Leitung: Hans-Christian Euler

Programm
Biografien
Eintritt frei – Spenden erbeten
Eine Veranstaltung von Nordstadt-Konzerte e.V.
Gefördert von der Sparkasse Hannover und dem Stadt-Bezirksrat Ricklingen

Programm

Programm

Hildegard von Bingen (1098–1179)
O Virtus Sapientiae

Johannes Euler (*1989)

O Virtus Sapientiae
für Countertenor und Kammerensemble, nach dem Text von Hildegard von Bingen

Anton Webern
(1883–1945)
Langsamer Satz
für Streichquartett (1905)
Langsam, mit bewegtem Ausdruck


Anton Webern
Sechs Bagatellen
für Streichquartett, op. 9
1 Mäßig
2 Leicht bewegt
3 Ziemlich fließend
4 Sehr langsam
5 Äußerst langsam
6 Fließend


Impulsgespräch:

Revolution: Bibel – Astronomie – Musik
Pastor Danilo Paap, Michaeliskirche


Hans-Christian Euler, Dirigent

Shadi Kassaee (*1999)
Zahåk # 2
nach dem Epos Shåhnåmeh des persischen Dichters
Ferdousi (940–1020)
1 Zahåk der Weltmachtsuchende
2 Teufels Küche
3 Mit dem Gehirn junger Menschen
4 Lullaby
5 Revolution
6 Damåwand
7 Aufruf zum Guten

Kammerorchester Hannover – Solist:innen

Violine 1 - Sebastian Nowak
Violine 2 - Timofej Lagutin
Viola - Johannes Brause
Violoncello - Guillermo Guantes
Kontrabass - Andrea Koch
Flöte - Ingvild Ness
Klarinette 1 - Charlotte aus dem Siepen
Klarinette 2 - Wei-Ti Lin
Horn - Markus Weber
Schlagzeug -  Leonard Weber

Countertenor: Johannes Euler
Leitung: Hans-Christian Euler

Ursprung des Projekts ist die Zusammenarbeit mit der iranisch-stämmigen Komponistin Shadi Kassaee, die 1999 in Hamburg geboren wurde, in Hannover studierte und nun in Berlin lebt.

Sie schreibt über ihr Stück Zahåk:
„Das Stück mit dem Thema Zahåk basiert auf dem persischen Epos Shåhnåmeh (dt. Das Königsbuch, eine Gedichtsammlung aus dem 10. Jahrhundert von dem Dichter Ferdousi). 
Zahåk ist ein König in der persischen Mythologie, der sich vom Teufel verführen lässt und seinen Vater tötet um mit eiserner Faust zu herrschen. Der König Zahåk lässt sich eines Tages von dem Teufel, als Koch verkleidet, auf die Schultern küssen, worauf an dieser Stelle zwei Schlangen entspringen und auf seinen Schultern festwachsen. Von da an muss er den Schlangen zur Besänftigung jeden Tag zwei junge menschliche Hirne verfüttern. Viele Jahre der Tyrannei verstreichen, bis Zahåk seinen Schlangen eines Tages den Sohn des Schmieds Kaveh opfern will. Kaveh aber widersetzt sich und ruft zur Revolution auf. Seine Schürze wie eine Fahne an eine Lanze gebunden, führt er einen erfolgreichen Volksaufstand gegen Zahåk an. Der Inhalt des Stücks dreht sich dementsprechend um die in diesen Tagen leider bedrückend aktuellen Verformung eines Herrschers durch Macht und Alleinherrschaft.“
Der Begriff Revolution hat auch eine Bedeutung für die Astronomie und ist aus religiösen Bezügen ebenfalls nicht wegzudenken. Gerade weil der Konzerttermin innerhalb des Evangelischen Kirchentags 2025 liegt, soll durch den Gesang Hildegards von Bingen „O Virtus Sapientiae“ und die auf diesem Text basierende Neukomposition von Johannes Euler ein Hinweis auf sich wandelnde Zeiten gegeben werden. Wandel kann, muss aber nicht durch Revolution entstehen.
Auch der Weg von später Romantik zur Atonalität und 12-Ton-Technik ist oder scheint zumindest revolutionär, wenn man an die vorgesehenen Werke Anton Weberns denkt. Oder ist es eben nur die sprichwörtliche minimale Kraft, die dabei hilft, die tonale Schwerkraft endgültig zu überwinden? Themen, die in einem kurzen „Impulsgespräch“ anklingen sollen, das in das Konzert eingebettet wird. Beteiligt sind Pastor Danilo Paap von der St. Michaeliskirche in Ricklingen sowie der Dirigent des Konzerts Hans-Christian Euler.

Johannes Euler: O Virtus Sapientiae

O virtus Sapientie,          O Kraft der Weisheit,
que circuiens circuisti,           wirbelnd umkreist
comprehendendo omnia   und umspannst Du alles
in una via que habet vitam,  auf dem einzigen Weg des Lebens.
tres alas habens,                   Drei Flügel hast Du,
quarum una in altum volat  einer davon schwebt in die Höhe,
et altera de terra sudat der andere entspringt der Erde,
et tercia undique volat. und allumfassend schwebt der Dritte.
Laus tibi sit, sicut te decet, O Sapientia.   Lob sei Dir, wie es Dir gebührt,                                                                           O Weisheit.

(Übersetzung: Johannes Euler)

Hildegard von Bingen (1098-1179) schrieb ihre Antiphon „O Virtus Sapientiae“ als Loblied auf die Weisheit der Dreifaltigkeit. Die „drei Flügel“ Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist werden als im Himmel, auf der Erde und allumfassend dargestellt und auf eindringliche und emotionale Weise besungen. Hildegards Text und Melodik inspirierte mich zu meiner gleichnamigen Neukomposition, in welcher ich verschiedene Welten und Klangvorstellungen verbinden und eine Brücke schlagen möchte, die fast tausend Jahre umspannt.  Die liebevollen, dankbaren Emotionen ihrer Worte finden in allen Epochen der Musikgeschichte ihresgleichen und lassen sich durch eine vielfältige Tonsprache deuten, die nicht auf die Tonalität einer einzelnen Stilistik beschränkt ist. Ob barocke oder romantische, archaische oder moderne Klänge, Anspielungen oder Zitate anderer Werke, der emotionale Gestus der Worte Hildegards zieht sich durch die Komposition, wie der „dritte Flügel der Weisheit“, der Heilige Geist, welcher alles umfasst, der an jedem Ort und in jeder Zeit gleichermaßen zu finden ist.

Biografien

Shadi Kassaee

Shadi Kassaee wurde 1999 in Hamburg geboren. Sie ist Komponistin mit persischen Wurzeln und Sitz in Deutschland.
Im Alter von 4 Jahren bekam sie erstmals Keyboardunterricht an der Yamaha Music School. Ihre Leidenschaft zum Komponieren begann schon früh im Alter von 5 Jahren, als sie zunächst improvisierte und später dann - auch mit Hilfe des Kompositionsunterrichts - für Klavier komponierte. Seit ihrem 10. Lebensjahr erhält sie bei der Konzertpianistin Nathalia Haberlach Klavierunterricht und fing noch im selben Jahr mit dem Geigespielen an. Seit 2013 wurde Shadi Kassaee von Peter N. Häublein im Fach Komposition unterrichtet.
2011 wurde ihre Komposition zum ersten Mal beim Bundeswettbewerb Komposition der Jeunesses Musicales ausgewählt und sie erhielt ein Stipendium für einen 10-tätigen Workshop im Schloss Weikersheim, wie auch in den Jahren 2014 und 2015. Ihren großen Erfolg konnte sie 2014 mit ihrer Komposition "Roya" (UA in Weimar, Leitung: Ulrich Kaiser), welche sie für den MDR-Kinderchor geschrieben hat, beim Preisträgerkonzert im Festspielhaus Hellerau feiern.
Im Bereich Klavier erhielt sie mehrere Preise, darunter 2013 den II. Preis beim Norddeutschen PianoSlam und 2015, den III. Bundespreis bei Jugend Musiziert (Kat. Kunstlied Duo) und den Kemnitz-Preis (2015). Zusätzlich nimmt sie an zahlreichen Meisterkursen teil unter der Leitung von renommierten Musikern, wie Minas Borboudakis und Lisa Smirnova (2011- Altensteiger Sommermusik/Nagold), Hans Rotman und Daniel Carlberg (2012- Kammermusikwerkstatt/Roßlau) oder auch Chris Jarrett (2014-Wedel).
Außerdem trat Shadi Kassaee öfters am Klavier auf, als Solistin oder Begleitung. Beispielsweise 2013/2014 bei der Nacht der Kirchen HH, 2014 Take Five-Pianos an der Elbe, 2015 beim Usedomer Festival und weitere Konzerte im Rahmen der Yamaha Music School und dem Steinwayhaus Hamburg.
Shadi Kassaee ist Stipendiatin der Begabtenförderung am HH-Konservatorium und Jugend-Musiziert, ebenso der Otto Stöterau Stiftung gewesen. Im Juli 2015 ist sie als Jungstudentin an der Musikhochschule Lübeck bei Prof. Mack aufgenommen worden und nahm an der HfMT HH bei Prof. Schwenk Unterricht.  
Ihr Kompositionsstudium im Bachelor absolvierte Shadi Kassaee an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover bei Herrn Prof. Gordon Williamson und Prof. Ming Tsao. Während dieser Zeit schrieb sie u.a. Werke für das AsianArt Ensemble, Ensemble Adapter, Ensemble Ascolta und erhielt darüberhinaus das „Musik braucht Freunde“ – Stipendium der HMTMH sowie den Klaus-Huber-Preis im Jahr 2019.
Zurzeit studiert Shadi Kassaee an der Musikhochschule Hanns Eisler Berlin den Masterstudiengang Komposition bei Prof. Eun-Hwa Cho.

Ensembles und Interpret*innen
Shadi Kassaee ist bereits während ihres Studiums als freischaffende Komponistin tätig und arbeitet mit renommierten Ensembles zusammen. Ihre Werke wurden unter anderem vom Kleynjans Ensemble (2018) und den MIRROR STRINGS (2019) in der Laeiszhalle Hamburg, der Oudspielerin Yasamin Shahhosseini (2019) im Sprengel Museum Hannover, dem MDR-Kinderchor (2018 und 2023) im Gewandhaus Leipzig, sowie dem Kammerorchester Hannover (2024) aufgeführt.
Für die Theaterproduktionen am monsun.theater Hamburg komponiert Shadi Kassaee regelmäßig die Musik, u.a. 2022 für „das Bellen der Hunde“. Im Frühjahr 2023 entstand zudem ein Werk für das Lux Nova Duo, das im Chilehaus Hamburg uraufgeführt und unter anderem auf deren Tour in Peru gespielt wurde.
Ihre Komposition „aus der Ferne, aus der Stille“ für Violine und Viola wurde im Juni 2024 beim Horizonte Festival des Göttinger Symphonie Orchesters uraufgeführt. In der Spielzeit 2024/25 wird ihr Orchesterwerk „à la recherche de la vérité perdue“ vom Brandenburgischen Staatsorchester Frankfurt (Oder) erstmals präsentiert. Zu ihren neuesten Werken gehören ein Solo für Viola, das von der amerikanisch-iranischen Bratschistin Muriel Razavi am 28. September 2024 beim JEDE*RFRAU-Festival in Salzburg uraufgeführt wurde, sowie ein Vokalquartett mit Tonband für Auditiv Vokal Dresden, im Rahmen des Mehrlicht! Festivals 2024.

Johannes Euler

Der Countertenor Johannes Euler wurde in Hannover geboren und studierte an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover bei Prof. Markus Schäfer und Ralf Popken. Ergänzt wurde sein Studium durch Meisterkurse u. a. bei Evelyn Tubb, Anthony Rooley, Maria Husmann und Michael Chance.
Sein Operndebüt gab Johannes Euler 2013 in Georg Philipp Telemanns „Der aus der Löwengrube errettete Daniel“ am Theater Osnabrück. In folgenden Jahren sang er unter Anderem die Partien des Oberon in „A Midsummer Night's Dream“ von Benjamin Britten und des Tolomeo in „Giulio Cesare in Egitto“ von Georg Friedrich Händel.
Ein Künstlerischer Schwerpunkt seiner derzeitigen Konzerttätigkeit ist neben dem traditionellen barocken Repertoire seiner Stimmlage die Musik des 20. und 21. Jahrhunderts. Zahlreiche Werke wurden für seine Stimme komponiert - herausragend ist seine Zusammenarbeit mit dem Komponisten Oscar Strasnoy, in dessen Oper „Comeback“ er 2016 an der Staatsoper Berlin die Partie des Jörg Jannings übernahm. 2017 arbeitete er erneut mit Strasnoy zusammen für die Uraufführung seines Oratoriums „Luther“ im Rahmen der Sinfoniekonzerte der Staatskapelle Halle. Im Herbst 2022 debütierte Euler beim Internationalen Brucknerfest Linz als Countertenor-Solist der 2. Sinfonie von Alfred Schnittke „St. Florian“.
Seit 2014 ist Johannes Euler Mitglied des Münchener Ensembles „Die Singphoniker“. Regelmäßige internationale Konzertreisen führten ihn bis jetzt neben dem europäischen Raum unter Anderem nach Japan, Taiwan und China. Bisher produzierte er mit dem Ensemble unter Anderem CDs mit Werken von Georg Kreisler und Orlando di Lasso, die international positiv rezensiert wurden.
Im Jahr 2020 gründete Johannes Euler zusammen mit dem Kontrabassisten Till Spohr das Ensemble „Beyond“, welches sich der Verbindung von barocker und klassischer Musik mit Jazz widmet. Im März 2023 ist die erste CD des Ensembles, „Beyond Dowland“, veröffentlicht worden.
Seit 2023 ist Johannes Euler Lehrbeauftragter für Gesang an der Universität Kassel..

Hans-Christian Euler

Hans-Christian Euler studierte Violine in Hannover und London. 1981 wurde er in Amsterdam Gründungsmitglied im Orchester des 18. Jahrhunderts, von 1983 bis 2020 spielte er im Niedersächsischen Staatsorchester Hannover. 1987 übernahm er einen Lehrauftrag für Violine an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover. Er gab Konzerte und Kurse in verschiedenen Ländern Europas, in Israel, Australien, den USA und China. 2005 gründete Hans-Christian Euler die Konzertreihe Nordstadt-Konzerte in Hannover und leitet als Dirigent das Kammerorchester Hannover. Er trat auf zahlreichen Festivals auf, u. a. den Festwochen Herrenhausen, Aujourd’hui musique Perpignan, Festival der Normandie, Bologna-Festival, Mozart-Festival Poznań, dem International Contemporary Music Festival Daegu, dem Tongyeong International Music Festival in Südkorea sowie den Musiktagen Tarsus in der Türkei.

Im Oktober 2020 wurde ihm und seinem Eurasia-Festival im südkoreanischen Tongyeong im Zusammenhang mit dem Isang-Yun-Prize 2020 der Isang-Yun-Peace-Foundation ein UNESCO Creative City of Music Award verliehen.

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